Stellungnahme der DGPI, API, DGKJ, DGPK, GPOH, GKJR, GPP und STAKOB zur Klinik, Diagnostik und Therapie von Kindern mit COVID-19 – Update Februar 2022

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Stand 14.02.2022


Vorbemerkung

Die DGPI hat am 24.11.2020 gemeinsam mit der GPP, API, GKJR, DGPK sowie in Zusammenarbeit mit dem Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger beim Robert-Koch-Institut (STAKOB) erste Aktualisierung der Stellungnahme zur medikamentösen Behandlung von Kindern mit COVID-19 veröffentlicht [1]. Dieses Dokument ergänzt die „Hinweise zu Erkennung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit COVID-19“ des STAKOB um pädiatrische Aspekte [2]. Das Dokument ist nun in 2 Abschnitte gegliedert, in einen für die Diagnostik und Therapie der akuten SARS-CoV-2 Infektion und einen für das PIMS-TS/MIS-C.

Das hier vorliegende Dokument (Stand Februar 2022) aktualisiert die bisherige Stellungnahme der DGPI, API, DGPK, GPP, GKJR und des STAKOB und löst sie ab. Die DGKJ und GPOH sind als Fachgesellschaften hinzugekommen. In einem internen Diskussionsprozess per Email und Telefonkonferenz wurden kritische Punkte intensiv diskutiert. Aufgrund weiterhin fehlender kontrollierter Studien bei Kindern handelt es sich bei diesem Dokument um einen Expertenkonsens, der jeweils zeitnah aktualisiert wird, wenn wichtige neue Erkenntnisse vorliegen. Die aktuellste Version wird auf der DGPI Homepage zu finden sein.

Bezüglich der aktuellen Epidemiologie, Erregerübertragung, der Basisdiagnostik und der Maßnahmen zur Infektionsprävention- und -kontrolle wird auf die Internetressourcen des RKI verwiesen [3]. Zum Umgang mit Neugeborenen SARS-CoV-2-positiver Mütter verweisen wir auf die entsprechenden Stellungnahmen unter Federführung bzw. Beteiligung der DGPI [4, 5]. Aktuelle Ergebnisse des DGPI Surveys zu stationär behandelten Kindern und Jugendlichen mit COVID-19 bzw. mit Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) finden sich unter https://dgpi.de/aktuelles/covid-19/.

  1. DGPI: https://dgpi.de/stellungnahme-medikamentoesen-behandlung-kindern-covid-19/ 2020.
  2. STAKOB: https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/Stakob/Stellungnahmen/Stellungnahme-Covid-19_Therapie_Diagnose.html 2022.
  3. RKI: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html . 2022.
  4. DGPI: https://dgpi.de/aktualisierte-stellungnahme-von-dgpm-dggg-dgpgm-dgpi-und-gnpi-zu-sars-cov-2-covid-19-und-schwangerschaft-geburt-und-wochenbett-stand-30-06-2020/. 2020.
  5. DGGG: https://www.dggg.de/stellungnahmen/empfehlungen-zu-sars-cov-2covid-19-in-schwangerschaft-geburt-und-wochenbett-november-2021. 2021.

Schlüsselpunkte zur Klinik, Diagnostik und Therapie von COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen

  • Nach bisherigen Erkenntnissen verläuft die COVID-19 Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen meist mild und selbstlimitierend. Hinzu kommt eine Anzahl an asymptomatischen Infektionen. Patienten mit Risikofaktoren können potentiell einen schweren Verlauf nehmen.
  • Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Pandemie müssen die aktuellen Empfehlungen im Kontext der zirkulierenden Virusvarianten und der Impfquote ggf. im Verlauf adaptiert werden.
  • Die aktuelle medikamentöse COVID-19 Therapie-Empfehlung orientiert sich am individuellen Risikoprofil, klinischen Schweregrad des individuellen Verlaufs und berücksichtigt dabei auch die aktuelle Phase der Infektion. Entsprechend kommen derzeit antivirale und/oder anti-inflammatorische Therapien im individuellen Krankheitsverlauf zum Einsatz.
  • Aufgrund weiterhin fehlender kontrollierter Studien bei Kindern handelt es sich bei den Therapieempfehlungen um einen Expertenkonsens.
  • Fieber als Symptom kann mit den üblichen antipyretischen physikalischen und medikamentösen Maßnahmen (NSAID wie Paracetamol oder Ibuprofen) behandelt werden. Es gibt keine Hinweise, wonach die Benutzung von NSAID negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat.
  • Bei Ungeimpften oder Risiko-Patienten mit potentiell schlechtem Impfansprechen kann in einer frühen Infektionsphase einer SARS-CoV2 Infektion (<5-7 Tage Symptome) eine Therapie mit neutralisierenden monoklonalen Antikörpern (nMABs) erwogen werden.
  • Bei Ungeimpften oder Risiko-Patienten mit potentiell schlechtem Impfansprechen kann in einer frühen Infektionsphase einer SARS-CoV2 Infektion (<5-7 Tage Symptome) eine Kurztherapie für 3 Tage mit Remdesivir erwogen werden.
  • Eine antivirale Therapie einer akuten SARS-CoV2 Infektion mit Remdesivir kann frühzeitig bei Pneumonie und Sauerstoffbedarf durchgeführt werden.
  • Eine systemische anti-inflammatorische Therapie mit Steroiden kann bei Kindern mit Pneumonie und Sauerstoffbedarf und/oder mit notwendiger Atmungsunterstützung bei akuter SARS-CoV2 Infektion eingesetzt werden.
  • Bei Verschlechterung des klinischen Verlaufs in der Akutphase der COVID-19 Erkrankung kann eine zusätzliche anti-inflammatorische Therapie zu Steroiden durchgeführt werden.
  • Systemische Steroide sollen nicht bei asymptomatischen, milden und moderaten COVID-19 Verläufen ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf zur Behandlung eingesetzt werden.
  • Weitere additive Maßnahmen sollen sich nach den allgemeinen Therapiestandards, z.B. wie der AWMF Leitlinie zur Behandlung der pädiatrischen ambulant erworbenen Pneumonie richten (pCAP) und Sepsis jenseits der Neugeborenperiode richten.
  • Im Falle eines hyperinflammatorischen Krankheitsverlaufes (PIMS/MIS-C) besitzen die meisten Patient:innen SARS-CoV-2 Antikörper, die Virus-PCR ist häufig bereits negativ. Es zeigen sich im Blut deutlich erhöhte Entzündungswerte und im Labor Hinweise einer Endothelaktivierung. In Abhängigkeit der individuell führenden klinischen Zeichen erfolgt eine direkte immunmodulatorische bzw. anti-inflammatorische und anti-koagulatorische Therapie.
  • Zur Behandlung von PIMS/MIS-C sollte primär eine Kombinationstherapie aus der intravenösen Gabe von Immunglobulinen und Steroiden erfolgen. Besonderheiten bei entsprechender Risikokonstellation werden in der Stellungnahme präzisiert.
  • Alle Patient:innen mit PIMS-TS/MIS-C ohne Kontraindikation sollten mit niedrig-dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) behandelt werden.
  • Eine prophylaktische oder Voll-Heparinisierung soll bei Patient:innen mit PIMS/MIS-C von der Organdysfunktion und einer vermehrten Gerinnungsaktivierung abhängig gemacht werden, insofern keine Blutungsneigung besteht.
  • Die PIMS/MIS-C Behandlung soll interdisziplinär abgestimmt werden.
  • Alle stationär behandelten Kinder mit COVID-19 und PIMS/MIS-C Fälle sollten in den Surveys der DGPI erfasst werden (https://dgpi.de).

Autoren

Für die DGPI:

  • Prof. Dr. Tobias Tenenbaum*
  • Prof. Dr. Markus Hufnagel
  • Prof. Dr. Markus Knuf
  • PD Dr. Robin Kobbe
  • PD Dr. Jennifer Neubert
  • Dr. Hanna Renk
  • PD Dr. Henriette Rudolph
  • Dr. Nicole Töpfner

Für die API:

  • Dr. Ales Janda
  • Prof. Dr. Horst von Bernuth

Für die DGKJ:

  • Prof. Dr. Reinhard Berner

Für die DGPK:

  • Prof. Dr. Nikolaus Haas
  • PD Dr. Andre Jakob

Für die GPP:

  • PD Dr. Tobias Ankermann

Für die GKJR:

  • Prof. Dr. Johannes-Peter Haas
  • Dr. Fabian Speth

Für die GPOH:

  • Prof. Dr. Thomas Lehrnbecher

Für den STAKOB:

  • Dr. Agata Mikolajewska

*Koordinator:

  • Prof. Dr. med. Tobias Tenenbaum
    Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
    1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie
    Sana Klinikum Lichtenberg
    Akademisches Lehrkrankenhaus der
    Charité-Universitätsmedizin Berlin
    Fanningerstr. 32; 10365 Berlin
    Tel. Sekretariat: Frau Wagner 030 / 5518 5131
    Fax Sekretariat: 030 / 5518 5300
    Email: tobias.tenenbaum@sana.de

Die Kontaktdaten aller Autoren finden sich im Anhang der Stellungnahme.

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