Hinweis: Diese Stellungnahme wurde am 03.02.2022 ergänzt (Link)

Empfehlung einer vorgezogenen RSV-Prophylaxe aufgrund einer Zunahme an Aufnahmen in Kinderkliniken durch Atemwegsinfektionen mit Nachweis von respiratorischem Synzytial Virus (RSV)

Stand 13.09.2021


Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), der Gesellschaft für Neonatologie und Intensivmedizin (GNPI), Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) und der Gesellschaft für Virologie / Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (GfV/DVV), unterstützt durch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)

RSV-Atemwegsinfektionen treten vermehrt in den Wintermonaten, z.B. in Deutschland zwischen November und März auf.  Während der Pandemie kam es am ehesten durch die Lock-Down bedingten Beschränkungen zu einem deutlich reduzierten Auftreten von RSV Infektionen im Kindesalter. In mehreren Ländern (England, Schweiz, USA, Australien) wird jedoch in den letzten Wochen ein für die Sommer-Jahreszeit untypischer Anstieg an Krankenhausaufnahmen von Kindern mit RSV bedingten Atemwegsinfektionen beobachtet. Über das Labornetzwerk der virologischen Labore werden die RSV-Infektionen in Deutschland kontinuierlich erfasst, hier zeigte sich zunächst kein ungewöhnlicher Anstieg, aber dennoch für die Jahreszeit untypische häufige Einzelnachweise. Zusätzlich wurden in 16 Kinderkliniken zwischen 12.7. und 1.8.2021 insgesamt 50 Kinder mit RSV-Infektionen der unteren Atemwege stationär (zwischen 0 und 5 Aufnahmen/Klinik pro Woche) aufgenommen. Nach aktuellen Zahlen des Respiratorischen Viren Netzwerkes ist die  aktuelle Fallzahlentwicklung aber deutlich steigend, variiert aber regional signifikant.

  • Die DGPI, GNPI, GPP, DGPK und GfV/DVV empfehlen daher ab sofort RSV in die Differential-diagnostik bei Kindern mit Atemwegsinfektionen auch in diesjährigen Sommer einzubeziehen und eine entsprechende Virusdiagnostik aus Atemwegsmaterialien (Rachenabstrich/ Rachen-spülwasser) zu veranlassen.
  • Die DGPI, GNPI, GPP, DGPK und GfV/DVV empfehlen einen um 1 Monat vorgezogenen Beginn der medikamentösen RSV-Prophylaxe ab Anfang Oktober 2021 für Hochrisikogruppen gemäß den Indikationen der AWMF-Leitlinie.
  • Aufgrund der derzeit nicht absehbaren epidemiologischen Entwicklung der RSV Saison kann eine länger als 5 Monate dauernde Prophylaxe mit Palivizumab erforderlich sein.
  • Nach Information durch den Gemeinsamen Bundesausschuss hat der GKV-Spitzenverband den Krankenkassen empfohlen die Anwendung einer über 5 Monate hinaus gehenden RSV-Prophylaxe aufgrund der besonderen Umstände in der Saison 2021/2022 nicht zu beanstanden und so die Gabe zusätzlicher Dosen den behandelnden Ärzt:innen nach individueller Risiko-Nutzenabwägung zu ermöglichen.
  • Bei rascher, lokaler Zunahme an RSV Infektionen (z.B. Aufnahme mehrerer Kinder mit RSV-Infektion der unteren Atemwege in einer lokalen Kinderklinik) sollte auch vor Oktober 2021 bereits mit einer RSV Prophylaxe bei Hochrisikopatienten begonnen werden.

— Johannes Liesea, Egbert Hertingb, Philippe Stockc, Alfred Hagerd, Ortwin Adamse, Tobias Tenenbauma für die DGPIa/GNPIb/GPPc/DGPKd/GfVe/DVVe


Korrespondierender Autor:
Prof. Dr. Johannes G. Liese, MSc
Universitäts-Kinderklinik
Pädiatrische Infektiologie und Immunologie
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg
Tel.: 0931 – 201 27725
Fax: 0931 – 201 27720
E-mail: liese_j@ukw.de