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Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Wirksamkeit und Einsatz der derzeit vorhandenen SARS-CoV-2-Impfstoffe in Deutschland

Aktualisiert am 17.02.2021

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Johannes Hübner1, Bernd Salzberger2, Tobias Tenenbaum1
1: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie; 2: Deutsche Gesellschaft für Infektiologie


Derzeit stehen in Deutschland drei unterschiedliche SARS-CoV-2-Impfstoffe zur Verfügung. Sowohl für Fachleute als auch für Laien sind die Datenlage zu den Impfstoffen, die Verfügbarkeit und die Priorisierung in einzelnen Gruppen nicht einfach nachzuvollziehen. Daher haben sich die DGI und DGPI als infektiologische Fachgesellschaften entschlossen, diese Stellungnahme abzugeben. Die unterzeichnenden Fachgesellschaften wollen klarstellen, dass allein die Tatsache der Vielfalt der Impfstoffe ein wesentlicher Baustein zur dringend notwendigen Eindämmung der COVID-19 Pandemie ist. Die drei in Deutschland zugelassenen Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca zeigen alle einen hervorragenden Schutz vor schweren Infektionen. Die durch die klinischen Studien ermittelten Effizienz-Daten in der Verhinderung aller Infektionen als Prozentangaben geben die Wirksamkeit dagegen nur eingeschränkt wieder. Die folgenden Kriterien beschreiben die Wirksamkeit der Impfungen und vergleichen die verfügbaren Wirkstoffe:

Verhinderung von schweren Verläufen und Todesfällen: Alle bisher zugelassenen Impfstoffe haben in den Zulassungsstudien schwere Verläufe und Todesfälle zu fast 100% verhindert. Dieser Parameter ist aus Sicht der Fachgesellschaften der Wichtigste für den Individualschutz und die entscheidende Maßnahme gegen die Überlastung des Gesundheitssystems.

Verhinderung von Erkrankung: Jede Form der Erkrankung, insbesondere auch milde Verläufe, wurden von den beiden mRNA Impfstoffen in 95.0% (Biontech-Pfizer) und 94.1% (Moderna) verhindert. Der Impfstoff von AstraZeneca wurde in unterschiedlichen Dosierungsschemata getestet wurde, wobei in der aktuell verwendeten Dosierung eine Wirksamkeit in der Verhinderung von allen Infektionensverläufen von etwa 59,5% nachgewiesen wurde. Dies sind sehr gute Ergebnisse, für die Zulassung war eine Wirksamkeit von 50% gefordert. Die Zahlen sind auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zu finden.

Der Unterschied in der numerischen Impfwirksamkeit zwischen den mRNA-Impfstoffen und dem Impfstoff von AstraZeneca wird derzeit heftig diskutiert. Dabei muss im Blickpunkt bleiben, dass dieser Wert berechnet wird durch die Verminderung des relativen Risikos aller Infektionen. Für Infektionen, die überwiegend klinisch ohne Folgen sind, ist die gemessene Differenz von geringerer Bedeutung.  Der wesentliche und zentrale Schutz der Impfung besteht aber in der Vermeidung schwerer Verläufe – hier ist ein solcher Unterschied nicht vorhanden, alle bisher erfolgreich geprüften Impfungen zeigen einen sehr guten Schutz.

Verhinderung von asymptomatischen Infektionen: Dies wurde nur in der Zulassungsstudie für den Impfstoff von AstraZeneca erfasst; hierbei lag die Verhinderung von asymptomatischen Verläufen mit Virusnachweis mittels PCR bei 67,1%. Für die beiden mRNA-Impfstoffe liegen diese Zahlen bisher nur unvollständig vor.

Immunogenität hinsichtlich unterschiedlicher Altersgruppen: Sowohl die Impfungen von Moderna, als auch die von BioNTech/Pfizer waren in allen untersuchten Altersgruppen ähnlich gut immunogen. Bezüglich des Impfstoffs von AstraZeneca wurde von der STIKO eine Einschränkung hinsichtlich der Altersgruppe auf Individuen unter 65 Jahren vorgeschlagen, weil die Zulassungsstudie nur eine relativ geringe Zahl von Älteren umfasste und die bisherigen Fallzahlen keine Aussage zur Wirksamkeit im Alter von >=65 Jahren erlauben. Die Zulassung dieses Impfstoffes durch die EMA ergab dagegen keine Einschränkung hinsichtlich des Alters und auch die WHO Autorisierung empfiehlt den Einsatz uneingeschränkt ab 16 Jahre.

Wirksamkeit der Impfung gegen neue Virusmutanten: Impfungen von Moderna und BioNTech/Pfizer haben in vitro sehr guten Schutz gegen die englische Variante B.1.1.7 und leicht verminderten gegen die südafrikanischen Variante B.1.351 gezeigt. Die Zulassungsstudien für den Impfstoff von AstraZenaca wurden in England, Südafrika und Brasilien durchgeführt und auch später begonnen, so dass Infektionen mit den jeweiligen neuen Virusmutanten mit untersucht werden konnten. Dabei zeigte sich bislang keine Einschränkung für schwere Verläufe, die klinisch hochrelevant sind.

Zulassungsstudien für Kinder: BioNTech/Pfizer hat seinen Impfstoff von Anfang an für Jugendliche ab 16 Jahren getestet und zugelassen. Beide mRNA Impfstoff-Hersteller haben inzwischen Studien für Kinder ab 12 Jahren begonnen, BioNTech/Pfizer hat die entsprechende Studie mit ca. 2500 Kindern schon rekrutiert. AstraZeneca hat soeben verkündet, dass ab Ende Februar eine Kinder-Studie mit ca. 300 Kindern der Altergruppen 6-18 Jahre begonnen wird. Es ist also zu hoffen, dass bis zum Sommer/Herbst mit Zulassungen für weitere pädiatrische Altersgruppen zu rechnen ist. Die genannten Programme zur Impfstoffentwicklung für Kinder werden von der DGPI ausdrücklich begrüßt.

Die genannten Daten belegen, dass alle Impfstoffe eine sehr gute Wirksamkeit aufweisen und entsprechend der Empfehlungen gegeben werden sollten.

Die momentane Impfstoff-Knappheit zeigt, dass verschiedene Impfstoffe von verschiedenen Herstellern benötigt werden, um möglichst rasch eine möglichst große Anzahl von Menschen zu impfen und möglichst bald einen breiten Schutz in der Bevölkerung zu erreichen. Einzelne Hersteller können in näherer Zukunft nicht genügend Impfstoff herstellen und liefern. Vor allem die Vektorimpfstoffe sind leichter zu produzieren und auch in der Breite (z.B. in Praxen und der hausärztlichen Versorgung) anzuwenden. Weitere Vektor-Impfstoffe (von Johnson&Johnson bzw. vom russischen Gamaleya Institut [Sputnik V]) sowie ein Protein-Impfstoff der Firma Novavax zeigen ebenfalls eine Wirksamkeit hinsichtlich der Verhinderung von symptomatischen Verläufen im Bereich von 90% (alle diese Impfstoffe sind von der EMA noch nicht zugelassen). Inwieweit die genannten Impfstoffe gegen neue Virusmutanten wirksam sind, ist bisher nicht absehbar, wobei aber vor allem die Verhinderung von schweren Verläufen und Todesfällen entscheidend ist.

Aufgrund der Empfehlungen der STIKO wird derzeit der Impfstoff von AstraZeneca präferentiell für Menschen unter 65 Jahren eingesetzt. Dieser Einsatz sichert bei den gegebenen Ressourcen am raschesten den breiten Schutz des medizinischen Personals und anderer Personen, die entsprechend der Impfpriorisierung zeitnah gegen SARS-CoV-2 geimpft werden sollen. Die möglichst rasche Impfung großer Teile der Bevölkerung ist der entscheidende Schritt zur Eindämmung der Pandemie. Er kann nur gelingen mit dem Einsatz aller verfügbaren Impfstoffe. Unabhängig vom primär eingesetzten Impfstoff wird die Möglichkeit einer Booster-Impfung mit einem an mögliche neue Virusmutanten angepassten Impfstoff oder der ergänzenden Impfung mit einem anderen Impfstoff gegeben sein.